Der Sommer naht und mit ihm kommt der Wunsch auf, mehr Zeit draussen zu
verbringen.
Auch die Zeichentusche wollte mal raus aus dem Atelier und an die frische Luft
kommen, und so machte sie sich auf ins Blaue und ließ sich zeigen, wohin ihr Pigment sie trieb.
Die Pinsel im Atelier hatten ihr von einer taumhaften Bucht erzählt, wo man angeblich herrlich planschen könne.
Also packte sie ihre Koffer und machte sich auf in Richtung Bucht.
Sie freute sich auf das Baden im kühlen, klaren Wasser, welches sicherlich sehr viel
frischer sein würde als die trübe Brühe, mit der ihre Herrin immer herumpanschte. Einen Bikini brauchte die Tusche nicht, sie badet stets nackt.
Sie nahm die A7 Richtung Tuschensee und genoss die herrliche Landschaft auf dem Weg. Es war leicht bewölkt, aber versprach bald aufzuklaren.
Der Weg führte sie über eine zauberhaufte Brücke, wo fünf glorreiche Pappeln das Flussufer säumten.
Sie kam auch an einem wundervoll duftenden Mohnfeld vorbei. Die Blumenpracht haute sie schlichtweg um und so machte sie hier Rast und kostete diesen Augenschmaus.
Ihre Reise ging weiter und sie staunte nicht schlecht, als sie plötzlich an einem Gletschersee haltmachte. Ein Gletschersee mitten in der Landschaft? Mitten im Sommer?
Aber dies war kein gewöhnlicher Gletschersee. Es war ein Eiscreme-See, der nur aussah wie ein Gletschersee. Jeder, der wollte, konnte sich hier bedienen. Also, bediente sie sich. Die Eissorte war ihr schleierhaft, aber das machte nichts. Es war köstlich!
Auf dem Weg zur Bucht kam sie auch an einem kleinen See vorbei, dem 4 kleinere Seen vorgelagert waren. Aber sie vertraute den Pinseln und wartete mit dem Baden bis sie zur herrlichen Bucht kam.
Als sie endlich an der Bucht ankam, war ihr, als würde in ihr ein Schalter umgelegt werden. Bei dem Anblick des wunderschönen Blaus fiel der ganze Atelierstress von ihr ab und sie schickte ein innerliches Dankeschön an die Pinsel für den guten Tipp. Sie würde sich bei ihnen revanchieren!
Sie tauchte ein in das frische Wasser und freute sich des bloßen Seins. Sie wurde eins mit dem Meer bis sie nicht mehr wusste, wo sie als Zeichentusche aufhörte und das Meer begann. Es war die pure Verbundenheit mit der ganzen Welt, die sie spürte. Welche Wonne, welche Lust - das wusste Mozart schon!
So eins mit allem, tankte sie Lebensenergie auf und verweilte im Wasser bis ihr Pigment zu schrumpeln anfing.
Sie sann über Ihre Lebensaufgabe als Zeichentusche nach, denn welcher Urlaub ist schon rund ohne ein bisschen Reflektion über das Leben als solches.
Sie fühlte sich an ihre Mission erinnert, ihrer Herrin zu tollen Bildern zu verhelfen und freute sich, mit neuer Energie ins Atelier zurückkehren zu können. Sie hatte schon eine tolle Chefin, die
zwar sehr oft sehr viel Tusche verplemperte, aber doch im Großen und Ganzen wusste, was sie tat. Auf dem Weg zurück nahm sie sich vor, öfter Urlaub zu machen, sollte ihre Herrin dann doch mit
Acryl malen, solange sie weg sein würde.
Und so nahm das Urlaubsabenteuer der Zeichentusche ein Ende - bis zur nächsten Reise.
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